Ich gieße meine Füße in Gips ein und laufe solange bis die »Gipsschuhe« vollkommen zerbrochen sind und ich wieder uneingeschränkt mit meinen Alltagsschuhen laufen kann. Ausgangsort ist die »Spezialschule für Bildhauerei«. Weder der Weg noch das Ziel wurde im Voraus festgelegt.
Der Herstellungsprozess der Gipsschuhe erfolgt als meine ständige Vor- und Zurückwandlung vom Produzent einer Skulptur zur Skulptur selbst. Dieser Prozess beinhaltet den spielerischen Umgang mit unvorhersehbaren Elementen. Weder wurde das Material korrekt angemischt, noch lassen sich beide Gussformen ablösen. Im deutschen Sprachgebrauch lassen sich Verbindungen zwischen dem Bewegen und der Bewegung des Körpers, der Verortung im Raum und dem Misslingen feststellen: Fehltritt, Fehlschlag, Niederlage. Eine Bauchlandung hinlegen, nach hinten losgehen, schiefgehen, auf die Nase fallen, bruchlanden.
Der Vergleich hinkt. ☞ ☟ ⇩ ↓
In der Auflistung der Mobilitätsgrade 1–4 für Prothetik der unteren Extremitäten, ein Einstufungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland, wird der Anwender einer Prothese des Grades 2 unter dem Namen »eingeschränkter Außenbereichsgeher« aufgezählt. Er besitzt die Fähigkeit oder das Potential, sich mit einer Prothese mit geringer Gehgeschwindigkeit fortzubewegen und dabei niedrige Umwelthindernisse, wie Bordsteine, einzelne Stufen, oder unebene Böden, zu überwinden. Gehdauer und Gehstrecke sind aufgrund seines Zustandes limitiert.
Das Potential der selbstgewählten Einschränkung wird untersucht. In seinem autobiographischen Werk »Berliner Kindheit um Neunzehnhundert« schreibt Walter Benjamin: So kann ich davon träumen, wie ich einmal das Gehen lernte. Doch das hilft mir nichts. Nun kann ich gehen; gehen lernen nicht mehr. Die Prothese interessiert mich nicht als Wiederherstellungswerkzeug der vermeintlich anzustrebenden Gangart auf zwei Beinen, sondern als Versuch des Neulernens.